Der US-Netzdienstleiter Renesys hat beobachtet, dass Datenpakete von US-Firmen und -Regierungsstellen seltsame Umwege nehmen. Eine E-Mail von einem Absender in Mexiko an Empfänger in Washington sollte normalerweise nicht über Europa laufen, sondern am Internet-Knoten im texanischen Laredo übergeben werden. Doch in diesem Jahr nahmen solche Datenpakete einen ungewöhnlichen Weg: London, Moskau, Minsk, Frankfurt, New York und dann nach Washington.

Renesys Technikchef Jim Cowie warnte vor einer neuartigen Bedrohung im Netz, einer „Entführung“ des Webverkehrs. Üblicherweise werden alle Daten auf möglichst direktem Wege zwischen den Beteiligten versandt. Doch es ist möglich, dass Angreifer manche Server in der Transportkette manipulieren und so den durchlaufenden Datenstrom umleiten. Dies wird „Man-In-The-Middle-Angriff“ genannt. Es sei ein klarer Angriff auf die Internet-Infrastruktur.

Bei den Aktionen waren demnach vor allem aus Großstädten in aller Welt abgeschickte Daten betroffen. Die meisten der 150 Ziele liegen in den USA. Von der Umleitung waren vor allem Datenströme aus Finanzinstituten, Behörden und Netzwerkdienstleistern betroffen. Cowie geht davon aus, dass es sich nicht um technische Pannen, sondern um zielgerichtete Angriffe handelte.

Der Internet-Verkehr wurde gezielt über den weißrussischen Server ISP GlobalOneBel umgeleitet. Von Mai bis August kamen neben dieser Route Islands Provider Nyherji hf und Opin Kerfi als weitere Zwischenstationen hinzu. Das führte sogar zum Extremfall, dass Datenströme, die eigentlich nur innerhalb von Denver, USA versandt werden sollten, über London und Island liefen. Die Frage nach den Verantwortlichen kann Cowie nicht beantworten.

Artikel von arstechnica.com, 20.11.2013: Repeated attacks hijack huge chunks of Internet traffic, researchers warn
Artikel von nbcnews.com, 20.11.2013: Where’s your data going? Hacks redirect traffic through distant lands